Schrammacher Diagonale

Die Bedingungen in der Schrammacher Nordwand Diagonale sollen gut sein. Ab in die Zillertaler... 

Nach einer kurzen Nacht im Auto machen wir uns um 4.30 Uhr auf den Weg zur Geraer Hütte 2324 m. Die ersten 1000 Höhenmeter gehen gut und wir können uns entspannt Zeit lassen beim Fertigmachen -Gurt, Steigeisen anlegen und Rucksackdepot eines Rucksackes an der Hütte.

Der Weg zur Wand ist gespurt, doch alles andere als eine leichte Aufgabe. Das unebene Gelände unter der ebenen Schneeoberfläche ist tückisch und kraftraubend. Wir brechen unerwartet immer wieder ein, teilweise bis zur Hüfte. Das plötzliche Nachgeben des vermeintlich stabilen Trittes im Schnee kostest eine Portion extra Schmalz. Für diesen Teil des Zustieges brauchen wir nicht nur gefühlt eine Ewigkeit. Das Zeiteisen zeigt 9.30 Uhr, als wir endlich - an der Wand angekommen - in die Route einsteigen.

Ehe wir in der ersten Schneerinne endlich zügig vorankommen und Kurs auf die erste Seillänge nehmen, muss ein kleiner Felsaufschwung mit leichtem Mixed-Gelände überwunden werden. Die Länge im Anschluss an das Schneefeld führe ich, ein wahrer Genuss. Schöne Kletterei und viele Punkte, an denen mobile Absicherung angebracht werden kann, lassen schnell die Freude steigen. Um nicht in Gefahr zu laufen, dass das Seil für die gesamte Steilstufe nicht reicht, machen wir zwei kurze Seillängen. Auch die zweite steht der ersten in nichts nach.

Das zweite Schneefeld wird wie alle Schneefelder - dem Namen Diagonale alle Ehre machend - nach links gequert. Das Gelände wird wieder abweisend und wir klettern in die zweite Mixed-Länge. Ein guter Friend und schon haben wir auch die Stelle überwunden. Nur ein akzeptabler Stand möchte sich danach nicht finden lassen, sodass zwangsweise ein paar Meter simultan geklettert werden muss, bis zur nächsten verlässlichen Standmöglichkeit, an einem Felsen.

Das dritte Schneefeld führt zur eisüberzogenen letzten steilen Länge. Einfach nur der Hammer. Alle Schrauben sind zwar zu lang, aber es lässt sich eine Sanduhr um einen kleinen Eisvorhang legen und schon sind die Hauptschwierigkeiten überwunden. Ich schlage einen Haken, lege einen Friend und sichere nach. Anschließend überwinden wir die letzten Meter der Wand durch leicht zu stapfenden Schnee und befinden uns um 15.00 Uhr auf dem Grat.

Der Gipfel kommt um diese Zeit ohnehin nicht mehr in Frage. Wir sehen, dass die Seilschaft vor uns über die Südseite abseilt, nicht wie erhofft zusammen mit uns den Nordostgrat als Abstiegsoption angeht. Einladende Verhältnisse sehen anders aus. Keine Spur, viel loser Schnee und wenig Zeit, aber den langen Gegenanstieg von 400 Höhenmetern bis in die Alpeiner Scharte 2959 m, erscheinen auch quälend mühsam, wenn die Verhältnisse denen im Zustieg zur Wand gleichen...

Wir seilen zwei Mal ab und klettern teilweise am Grat, teilweise in der ostseitigen Flanke, Richtung Alpeiner Scharte. Im letzten Licht finden wir gerade noch einen Abseilstand, dann schnallen wir unsere Stirnlampen auf, um uns gegen die drückende Finsternis der Nacht zu wappnen. Der Höhenmesser zeigt 3235 m. Mann, wir sind eher noch weit oben, als weit unten! Es geht nur langsam voran und im losen Pulver bieten die Steigeisen kaum Halt und die Pickel sind mehr psychologische Unterstützer, als haltgebende Helfer. Gott sei Dank geht es an der flachen Stelle des Grates schneller voran. Die Stirnlampen der Seilschaft, die abgeseilt hat, mühen sich den Weg in unsere Richtung. Die Scharte kann also nicht mehr weit sein und bald finden sich erste Eisenstifte. Wir überklettern noch zwei steile Stufen, seilen dann nach Norden ab und folgen den Stirnlampen, die bereits die Scharte überwunden haben, zur Geraer Hütte.

Es ist 19.30 Uhr und wir befinden uns endlich an der Hütte. Von hier aus geht es in weiteren zwei Stunden zurück zum Parkplatz. Mit 17 Stunden ist die Tour in jedem Fall eine tagesfüllende Unternehmung!

Dass es schneller und besser geht, erfahre ich drei Tage später. Ich treffe zwei Seilschaften, die bereits am Nachmittag von der Hütte Richtung Auto absteigen. Was ich da nach drei Tagen schon wieder mache. Beim Absteigen hat sich irgendwann meine Jacke inklusive Fotoapparat in der Brusttasche vom Seitenriemen des Rucksackes verabschiedet. Die Jacke finde ich kurz unterhalb der Hütte weit abseits vom weg, abgerutscht in eine schneegefüllte Rinne. Überglücklich die Sachen wieder zu haben, kann ich euch jetzt endlich Fotos nachliefern.

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