Watzmann-Überschreitung mit Ski

Aufbruch: Wimmbachbrücke 647 m, 4.15 Uhr bis Hocheck 2681 m, 8.35 Uhr

Frühjahrsverhältnisse Ende Februar: “Mit Sonneneinstrahlung und frühlingshaften Temperaturen im Tagesverlauf leichter Anstieg der Gefahr durch Nassschneelawinen” (LLB Bayern) - passende Bedingungen um den Watzmann über den Scheitel zu kämmen - ist damit das Saisonende schon eingeläutet?!

So viel vorne weg: das viele Skitragen, das dauernde Auf-und-Abschnall-Hin und Her bei der Abfahrt, das Verhältnis von Skitragen zu Skifahren und die 18°C bei der Ankunft im Wimmbachgries vermitteln klar den Eindruck.

Mit Zustiegsschuhen an den Füßen und Ski und Skischuhe auf dem Rucksack starten wir unsere Skitour mit erstaunlich erquickenden Gesprächen. Für die frühe Stunde dermaßen fesselnd, dass der erste Abzweig gleich verpasst war und wir uns 15 Minuten Zeitverlust nebst ein paar Zusatzmetern einhandeln. Wer es nicht im Kopf hat…

Kurz nach der Stubenalm (ca. 1280 m) wechseln wir auf Ski und wenig später, als es das erste Mal aufsteilt, sind Harscheisen das unverzichtbare Mittel der Wahl, um auf der durchgefrorenen Schneedecke im Angesicht eines langen und anstrengenden Tages einigermaßen kraftsparend und schnell voranzukommen.

Der fast zeitgleiche Sonnenauf- und Vollmonduntergang - eine Inszenierung der Natur - macht den Eindruck, als wäre es eine Sonderdarbietung, extra für uns, die auf der Gugel stehen, mit unvergleichbarem prächtigen Farbenspiel. In dieser grandiosen Landschaft ist das schon ein Erlebnis für sich. Kurz nach der Gugel (1900 m) wechseln wir auf Steigeisen und schnallen die Ski auf den Rucksack.

Stapfend Schritt für Schritt zuerst auf einem Rücken, dann in breiter Flanke im Auftiegssinn tendenziell eher leicht rechts haltend, und auf den letzten Metern gemeinsam mit dem Sommerweg auf das Hocheck 2681 m.

Überschreitung - ideale Bedingungen am Grat: Hocheck 8:50 Uhr bis Südspitze 2712 m, 10:40 Uhr

Mit Steigeisen und dem Pickel griffbereit dem Grat/Klettersteig in leichter Kletterei in einem ständigen Auf und Ab folgend, wird einige Male nach rechts (westseitig) ausgewichen, wenn am Grat kein Weiterkommen ist. Nach der Mittelspitze weiter westseitig abgestiegen, ehe es wieder zurück auf den Grat geht.

Dort wo der Berchtesgadener Weg die Watzmann Ostwand verlässt (wir meinen Spuren erkannt zu haben) und auf den Grat trifft, müssen exponierte Meter diesmal etwas ostseitig vom Grat überwunden werden (auch direkt am Grat möglich). Zurück am Grat verlangen einige Schritte auf exponierter Messerschneide volle Aufmerksamkeit - auf beiden Seiten fällt es jäh ab. Nach der “Crux” unschwierig in wenigen Minuten zur Südspitze (Schönfeldspitze) 2712 m.

Abstieg und Abfahrt ins Wimmbachgries zurück bis zur Wimmbachbürcke 11:00 bis 14:00 Uhr

Nach einem Gipfel-Holdrio, einer kurzen Rast und Stärkung wird zuerst über den Sommerweg weiter abgestiegen als uns lieb ist: südlich dem Grat folgend, einmal westseitig kurz absteigen, ehe es markant links - Richtung Süden - zurück auf den Grat geht - erst dann (!) rechts Richtung Südwesten in eine Rinne (2. Rinne vom Gipfel kommend). Ab da trichtern Schneefelder in kurzen Rinnenpassagen, die sich zu einem neuen Schneefeld aufweiten. Diejenigen, die bereits letzte Woche unterwegs waren, haben dort schon ihre ersten zu beneidenden Schwünge gesetzt, wo wir noch absteigen müssen. Mittlerweile machen ausgeaperte Felspassagen besonders an den Engstellen der Rinnen ein Skifahren unmöglich.

Erst etwa auf ca. 2460 m wechseln wir auf Ski. Auf dem breiten Schönfeld schwingen wir auf butterweichem Firn - pure Pleassure. Doch auch im weiteren Verlauf der Abfahrt müssen wir immer wieder kurz abschnallen, um ausgeaperte Passagen zu überwinden. So auch an einem wichtigen Orientierungspunkt: Auf etwa 1850 m muss man am Ende einer gemächlichen Mulde markant links auf einen Grat zusteuern. Hier wechseln wir mit ein paar Tragemetern nach links (südseitig) über eine Schneide in eine steile Rinne, die sich ihren Weg - zuerst schmal zwischen steilen Felswänden sehr eindrucksvoll, dann breiter und flacher werdend - durchgängig bis ins Wimmbachgries bahnt.

Genussvolles Cruisen bis kurz vor das Wimmbachschloss in den Frühling und dann heißt es die letzten fünf Kilometer tragen. Ski und Skischuhe sind wieder am Rucksack und die Zustiegsschuhe sind kein übertriebener Komfort, sondern eine unverzichtbare Notwendigkeit bequem am Parkplatz anzukommen.

Zeitmanagement und Fazit

Trotz weniger Pausen - nur eine etwas längere an der Südspitze - waren wir gut beraten so früh zu starten. Die vielen Rüstungsstops, um zwischen den verschiedenen Fortbewegungsmodi zu wechseln, kosten ihre Zeit. In der Abfahrt hat sich das absolut ausgezahlt und unser Timing war perfekt: in sonnenzugewandten Geländepassagen hatte es bereits aufgefirnt, war aber noch nicht durchweicht (Stabilitätsverlust - Nassschneeproblem). Recht viel später hätten wir nicht dran sein wollen. Sobald die Sonne am späten Vormittag volle Durchschlagskraft hat, kann es von idealem Firn zum Nassschneeproblem auch schnell gehen.

Das Verhältnis Skifahren zu Skitragen ist für uns gerade noch an der Schwelle von lohnend zu unlohnend. Wer sein Rad liebt der schiebt, wer sein Ski trägt der brät - spätestens bei 18°C am Parkplatz nach 9:30 Stunden im eigenen Sud gut durchgezogen ist eine Erfrischung wohl verdient.

By the way: Es braucht nicht immer neue Rekord- und Bestzeiten - das mit einer guten Seilschaft zusammen unterwegs sein, das Führen von ab- bis umwegigen Gesprächen (Schmarrn redn) oder kurzum das sich-eine-gute-Zeit machen hat in Form von intensivem Bergerleben als Prozess mit allen Sinnen keinesfalls weniger Strahlkraft.

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Steiler Zahn 8; 300 m (E3+) - Schüsselkar

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Weitlahner - Schnedeckenaufbau CT und ECT 16.01.2021